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1. Vaterländisches Lesebuch - S. 25

1857 - Jena : Mauke
25 33. Gott grüßt Manchen, der ihm nicht dankt. Siehe, wenn dich früh die Sonne zu einem neuen kräftigen Leben weckt, so bietet Gott dir guten Morgen. Wenn sich Abends dein Auge zum erquicklichen Schlummer schließt, sagt Er: „Gute Nacht!" Wenn du mit gesundem Appetit dich zur Mahlzeit setzest, sagt Er: „Wohl bekomms!" Wenn du eine Gefahr noch zur rechten Zeit entdeckst, so sagt Er: „Nimm dich in Acht und kehre lieber um!" Wenn du am schönen Maitag im Blüthendnft und Lerchengesang spazieren gehst, und es ist dir wohl, so sagt Er: «Sei willkommen in meinem Schloßgarten!" Oder du lebst so hin in den Tag, und es wird dir ans einmal wunderlich im Her-, zen und naß in den Augen, und denkst: «Ich will doch anders werden, als-ich bin," so sagt Er: „Merkst du, wer bei dir ist?" Oder du gehst an einem offenen Grabe vorbei und es schaudert dich, so sagt Er, ob du katholisch oder lutherisch bist: „Gelobt sei Jesus Christ!" Also grüßt Gott Mauchen; wer Ihm nur antworten und danken wollte! — 34. Wessen Licht brennt länger. , Mitten im Böhmerwald steht der hohe Arber, ein Markstein zwischen dem deutschen Reiche und dem Laude der Böhmen. In seinen Klüften und ans seinen Urwäldern rasten die Wolken, die aus den südwestlichen Ebenen kommen, und speisen zum Dank da- für seine Brunnen, und die klaren Quellen sammeln sich am Fuß des Berges in cinöm kleinen See. An dem See stand vor vielen, vielen Jahren eine Fisch er- Hütte ans Holz und Stroh, und einen Steinwnrf davon ans dem Hügel ein Schloß ans Granitqnadern und mit einem kup- fernen Dach, das Waidhans genannt.' In der Hütte wohnte ein Fischer mit seinem Knaben, und in das Schloß kam alle Jahre im Herbst oder Winter, je nachdem es den Hirschen galt oder Säuen, der Herr von Haldenstein ans die Jagd, nicht allein, son- dern immer mit einem wilden Hansen von Jägern und Hunden, Junkern und Edelfranen, die den Jagdspieß geschickter führten, als die Nadel, und die Reitpeitsche lieber alö die Spindel. Dann war eine böse Haushaltung in dem Schloß. Der Kellermeister fluchte zwischen den Fässern, der Koch in der Küche, der Wildmeister unter den Rüden, der Freiherr am Spieltisch, wenn kein Jagdwetter war, und seine Frau unter den Kammer- mägden. Ans dem Dache knarrten die Windfahnen, auf den

2. Vaterländisches Lesebuch - S. 28

1857 - Jena : Mauke
feil, denn auf dem Herd in der Hätte lag nur noch ein Kohlen- haufe, der unter seiner leichten Aschendecke ruhig fortglinunte. Aber die heiligen Engel sind gehorsamer und nicht vorwitzig, wie die Menschenkinder, llnd der auf der Bank des Fischers sprach in seinem Herzen: „Weiß ich auch nicht, was ich hier schassen oder hüten soll, so weiß es doch der Herr Herr, der mich hieher gesandt hat." Dieweil wurde es dem Beelzebub, dem obersten der bösen Engel, draußen im Reiche immer schwüler und enger. Nahte er sich einer Kirche, so spielte die Orgel, und die Leute darinnen sangen dazu: „Ehre sei Gott in der Höhe, Friede ans Erden und den Men- schen ein Wohlgefallen!" Schaute er durch das schwitzende Fen- ster in eine helle Stube'hinein, so sah er weiter nichts als Krip- pelein und goldene Engel und unschuldige Kindlein, welche vor Freude darüber in die Hände schlugen und zu gleichen Füßen einen Sprung nach dem andern machten. Steckte er seinen Kopf in eine Wirthsstube so wars darin so öd und wüste, daß Käuzlein und Uhu hätten einkehren mögen. Darüber ward er nach und nach so unwirsch, daß er sich auf den Rücken des Nachtwindes setzte und von demselben das Thal hinauf tragen ließ, um in den unterirdischen Klüften des Arber seinen Ingrimm zu verbergen. Nicht weit von der Fischerhütte stieg er ab und hinkte weiter. Als er aber um einen Felsen bog, und das hell erleuchtete Waidhans erblickte, da änderte er seinen melancholischen Borsatz, und sprach bei sich: „Hier will ich bleiben, so wahr sie mich Belial heißen. Alle Lichter, welche da droben angezündet sind, vom ersten bis zum letzten, brennen für mich." Wiederum trotzig geworden, wollte er auch au dein Eugel vor der Fischerhütte nicht geradezu vorübergehen, sondern sagte zu ihm: „Freund, welche Lichter werden heut länger brennen, die deinen oder die meinen?" Der Engel des Herrn erwiederte sanft: „Der Ewige weiß es," und setzte nach diesem seine Hut wieder fort. Im Waidhans mischte sich Belial ungesehen unter seine Leute, wie der Geist, des Glühweins, der neben dem Saal ans dem Schenktische in großmächtigen Näpfen dampfte und dann den Puls- schlag in den Adern der Gäste beschleunigte, wie der Takt der Musikanten auf dem Orchester. Die Tanzenden wirbelten im Kreise umher, wie Blätter und Federn in der Windsbraut, die' einer Gewitterwolke vorausläuft. Die Kerzen schneuzte dabei Sa- tanas selbst mit unsichtbarer Hand. Denn seine Lichter sollten

3. Vaterländisches Lesebuch - S. 29

1857 - Jena : Mauke
29 ja dreimal länger brennen, als die Lichter in der Hütte am See, und von der Dienerschaft dachte Niemand daran. - Was im Schlosse diente, versah sein Amt in der Schenke oder gaffte durch die offenen Saalthüren auf die wirbelnden Frauen und Herren. Nur der Wildmeister war ganz allein unten im Keller, der fast durch das ganze Schloß, hinlief, und selbst Satanas dachte nicht an ihn, weil man in so guter und großer Ge- sellschaft einen einzelnen alten Freund.leicht vergißt. Der alte Schlemmer hätte schon längst wissen mögen, was für Weine in dem kleinen Seitengewölbe liegen, in welches man ans dein Hauptkeller durch ein niederes Pförtlein gelangen konnte. Eine bessere Gelegenheit, den geheimnißvollen Inhalt der unter- irdischen Zelle zu erforschen, konnte es nicht geben, als diesen Abend. Er zündete daher die Ampel der Äüchenmagd an, nahm den Schlüsselbund des Kellermeisters und stieg in die Tiefe hinab. Die Lampe brannte ihm zu trübe, deswegen füllte er ans eincin ausgezupften Faß einen Becher voll Franzbrantwein, nahm ans dem Korb des Kellermeisters eine Hand voll Werg, zündete es an und warf es auf den Spiritus. Nun erleuchtete eine große blaue Flamme das weite und hohe Gewölbe. Dann öffnete er die Seitenzclle, wälzte eines von den zwanzig Fäßlein, die darinnen auf einander lagen, heraus, bohrte ein Loch in den Boden steckte eine Hollunderrhhre hinein, und legte dann die Tonne auf ein Lager, um ihren Inhalt mit Muße zu kosten. Es war aber kein Wein darin, sondern schwarzes körnigtes Pulver, das dnrch die Röhre hcrauörann, wie Streusand ans einer umgeworfenen Büchse. Denn in dem Gewölbe lag noch von dem dreißigjährigen Kriege her ein Borrath von grobem Schießpulver, das man nicht in die Jagdflinte brauchen konnte. Staunend glotzte der Wildmeister das rinnende Pulver an. Aber nicht lange. Bon der offenen Kellerthüre herab kam ein Zugwind und führte von dem brennenden Werg ein Fünklein in das auf dem Boden liegende Pulver. In diesem Augenblicke sah der Engel vor der Hütkc am See, wie [fid; chas kupferne Dach auf dem Schloß von einander that und einer Rauchsäule Platz machte. Ein dumpfer, schwerer Knall folgte darauf. Und nun wußte der himmlische Bote, daß er zum Dienst um der frommen Leute willen ausgesandt worden war. Denn er hatte vollauf zu thun, um die schweren fliegenden Trüm- mer des Schlosses von der Hütte abzuwehren, und so das Leben ihrer Bewohner zu erhalten. Ja, hätte er nicht seine Fittige aus- gebreitet', wie eine Henne über ihre Küchlein, so würde der ge-

4. Vaterländisches Lesebuch - S. 35

1857 - Jena : Mauke
35 Freuden aus dem Bade. Unglücklicherweise waren es die Pantoffeln des Kadi. Als dieser sich nun gebadet hatte, und seine Pantoffeln begehrte, so fanden seine Sclaven sie nicht, wohl aber ein schlechtes Paar andere, die an eine andere Stelle verschoben waren, und die man sogleich fyr Kaseins Pantoffeln erkannte. Eilig lief der Thürhüter hinter ihm her und führte ihn, als auf dem Diebstahl ertappt, zu- rück zum Kadi. Dieser, über die,unverschämte Dreistigkeit des alten Geizhalzes ergrimmt, horte seine Vertheidigung gar nicht einmal an, sondern liess ihn sogleich in’s Ge- füngniss werfen. Um nun nicht als Dieb mit öffentlicher Schande bestraft zu werden, musste er nach orientalischer Art reichlich zahlen. Hundert Pantoffeln hätte er für die Summe kaufen können, die er erlegen musste. Sobald er nach Hause gelangte, nahm er Rache an den Urhebern seines Verlustes. Zornig warf er die Pan- toffeln in den Tigris, der unter seinem Fenster vorbeifloss, damit sic ihm nie mehr zu Gesichte kämen. Aber das Schicksal wollte es anders. Wenige Tage nachher zogen Fischer ihr Netz auf und fanden es ungewöhnlich schwer. Sie glaubten schon einen Schatz an den Tag zu bringen, statt dessen fanden sie aber die Pantoffeln Kaseins, die noch dazu mit ihren Nägeln das Netz so zerrissen hatten, dass sie lange daran flicken mussten. Voll Unwillen gegen Kasein und seine Pantoffeln, warfen sie diese gerade in seine offenen Fenster. Aber eben in diesem Zimmer stan- den unglücklicherweise alle die Kristallflaschen, voll von dein schönen Rosenwasser, das er gekauft hatte, und als nun die schweren, mit Nägeln beschlagenen Pantoffeln auf die- selben geworfen wurden, so wurde der Kristall zertrümmert, und das herrliche Rosenwasser floss auf den Boden. Man stelle sich Kasein vor, als er ins Zimmer trat, und die Zerstörung erblickte. Verwünschte Pantoffeln!" l ief er aus, „ihr sollt mir ferner keinen Schaden, mehr an- richten 1" Sofort nahm er eine Schaufel und ging mit ihnen m den Garten. Hastig grub er ein Loch, um seine Pantoffeln darin zu begraben. Als er aber damit beschäf- tigt war, sah einer seiner Nachbarn, mit dem er seit langer Zeit in Feindschaft lebte, zum Fenster hinaus und bemerkte das hastige Graben Kaseins. Unverzüglich lief er zum Statthalter und meldete ihm insgeheim, dass Kasern in sei- nem Garten einen grossen Schatz gefunden habe. Mehr 3 *

5. Vaterländisches Lesebuch - S. 93

1857 - Jena : Mauke
93 — Was hilft es, bessere Zeiten zu wünschen und zu hoffen? Aendert euch nur selbst, so werden sich die Zeiten auch ändern. Fleiß hat nicht nöthig zu wünschen. Wer sich mit Hoffnungen nährt, der läuft Gefahr, Hungers zu sterben. Ohne Mühe hat man keinen Gewinn. Wer ein Gewerbe hat, der besitzt auch Ver- mögen, und wer einen Beruf hat, der hat ein einträgliches Ehren- amt. Wer arbeiten will, der findet immer Brod. Dem fleißigen Mann schaut wohl der Hunger in das Haus, hinein aber wagt er sich nicht. Die Arbeitsamkeit ist des Glückes Mutter und dem Fleißigen schenkt Gott Alles. Arbeite heute, denn du kannst nicht wissen, was dich morgen abhält. Ein Heute ist mehr werth, als drei Morgen. 'Greife die Arbeit rüstig an; in Handschuhen fängt die Katze keine Mäuse. Aber selbst Fleiß ist allein nicht hinrei- chend; wir müssen auch beständig, nicht fahrlässig, noch störrig sein; wir müssen selbst ein Auge auf unsere Arbeit haben und uns nicht zu viel aus andere verlassen; denn ein Baum, der oft versetzt wird, und eine Familie, die oft auszieht, gedeihen weniger, als diejenigen, welche auf ihrem Platze bleiben. Dreimal aus- ziehen ist soviel, als einmal abbrennen. Verlasse deine Werkstatt nicht, so wird deine Werkstatt dich auch nicht verlassen. Willst du deine Sache gut ausgerichtet haben, so gehe selbst. Wer durch den Pflug reich werden will, der muß ihn selbst anfassen. Das Auge des Herrn fördert mehr, als seine beiden Hände. Eine kleine Vernachlässigung kann großes Unheil anrichten. Weil ein Nagel fehlte, ging das Hufeisen verloren, aus Mangel des Huf- eisens das Pferd und aus Mangel deö Pferdes der Reiter; der Feind holte ihn ein und tödtete ihn, was nicht geschehen wäre, wenn er den fehlenden Nagel am Hufeisen gesehen hätte. Wer nicht eben so gut zu sparen als zu verdienen weiß, der kann sich zu Tod^e arbeiten, ohne einen Pfennig zu hinterlassen. Eine fette Küche macht ein mageres Testa,nent. Wie gewonnen, so zerronnen, heißt es von manchem schönen Thaler. Seit die Männer über den Spiel- und Trinkgesellschaften Axt und Ham- mer, und seit die Weiber über den Kaffee- und Thecbesuchen den Spinnrocken und das Strickzeug vergessen haben, ging manches Vermögen fast in derselben Zeit verloren, wo cs erworben wurde, Willst du reich werden, so lerne nicht allein erwerben, sondern auch sparen. Schränkt euren thörichten Aufwand ein, so dürft ihr nicht zu Hause klagen. Eine einzige Thorheit zu unterhalten, kommt theurer zu stehen, als zwei Kinder aufzuziehen. Ihr glaubt vielleicht, eine einzige Schale Thee oder Kaffee, ein Glas Wein oder Bier, bisweilen ein leckerer Bissen, etwas feinere Kleider

6. Vaterländisches Lesebuch - S. 37

1857 - Jena : Mauke
37 Ein Hund seines Nachbars ward die Pantoffeln gewahr. Er sprang von dein Dache seines Herrn auf das Dach Kaseins und spielte mit den Pantoffeln, indem er sie umherzerrte. So hatte er den einen bis an den liand des Daches getra- gen, und es bedurfte nur noch einer kleinen Berührung, da fiel der schwere Pantoffel einer Frau, welche eben unterm Hause vorbei ging und ein Kind trug, gerade auf den Kopf. Sie fiel selbst nieder, und das Kind stürzte aus ihren Ar- men auf die Steine. Ihr Mann brachte seine Klage vor den Dichter, und Kasern musste härter biissen , als er je gebüsst hatte, denn sein unvorsichtiger Pantoffel hatte beinahe zwei Menschen erschlagen. Als ihm (liess Urtheil verkündigt war, sprach Kasein mit einer Ernsthaftigkeit, die den Kadi selbst zum Lachen brachte: „Dichter der, Gerechtigkeit, alles will ich euch geben und leiden, wozu ihr mich ver- dammt habt, nur erbitte ich mir auch den Schutz der Ge- rechtigkeit, gegen die unversöhnlichen Feinde, welche die Ursache alles meines Kummers und Unglücks bis auf diese Stunde waren. Es sind diese armseligen Pantoffeln. Sie haben mich in Armuth, in Schimpf, ja sogar in Lebensge- fahr gebracht, und wer weiss, was sie noch im Schilde führen! Sei gerecht, edler Kadi, und fasse einen Schluss ab, dass alles Unglück, was ohne Zweifel noch diese Werk- zeuge der bösen Geister anrichten werden, nicht mir, son- dern ihnen zugerechnet werde." Der Dichter konnte ihm seine Bitte nicht versagen, er behielt die unglücklichen Störer der öffentlichen und häuslichen Du he bei sich. Dein Alten aber gab er die Lehre, dass die rechte Sparsamkeit nur in der richtigen Anwendung des Geldes, nicht aber in dem Zusammenschar- ren desselben bestehe. 40. Einmal! „ Einmal ist Keinmal!" Dieö ist ein bedenkliches Spriichwort. Die Berführnng macht's zur bösen Schlinge, um die Herzen zu fangen und auf den Sündenweg zu ziehn. (5iiv mal ist wenigstens Einmal, und daran läßt sich nichts abmarkten. Wer einmal gestohlen hat, der kann fein Lebelang nimmer mit Wahrheit und mit frohem Herzen sagen: „Gott Lob! ich habe mich nie an fremdem Gute vergriffen." Und wenn der Dieb er- hascht und gehenkt wird, alsdann ist „Einmal nicht Keinmal." Das ist aber noch nicht Alles, sondern ntan kann meistens mit

7. Vaterländisches Lesebuch - S. 96

1857 - Jena : Mauke
96 82. Der gekreuzte Dukaten. «Wenn ich nur hunderttausend Gulden hätte!" hust du vielleicht auch schon oft gedacht oder gesagt. Wenn du aus einem Thalerlande bist, ist es dir nicht darauf angekommen, und hast hunderttausend Thaler daraus gemacht, obgleich das ein Erkleck- liches mehr ist. Ich nehme dir den Hunderttausend-Wunsch nicht übel, es ist keine schlimme Sache um's Reichseiu; aber das Glück macht es doch, nicht aus, davon kann ich eine besondere Geschichte erzählen. Ein junger Mann hatte seine Hunderttausend geerbt, und er begnügte sich auch damit; er wollte bloß sein Geld verzehren, ar- beiten aber wollte er nicht; das, meinte er, sei nur Etwas für unbemittelte Leute. So hatte der Herr Adolph also gar kein Ge- schäft, als essen, trinken, schlafen, spazieren gehen oder reiten und was ihm sonst noch einfiel. Ja das Aus- und Anziehen war ihm viel zu viel, und er hielt sich einen Kammerdiener'. Wenn er des Margens erwachte, wußte er eigentlich nicht, warum er aufstehen sollte; cs wartete kein Geschäft und keine Freude ans. ihn. Dar- um blieb er auch liegen, bis ihm das zu beschwerlich wurde. Fast ging es ihm, wie jenem Engländer, der ans Langeweile, um sich nicht mehr aus- und anziehen^zu müssen, sich das Leben nahm. Das Nichtsthun und die V. 'treibnng der Langeweile ist ja eigentlich schon ein Selbstmord. Herp Adolph machte dann jeden Vormittag seinen Spazier- weg, damit er den Nachmittag für sich frei und Nichts mehr zu thun habe. Meist lag er auf dem Kanapee, gähnte und rauchte. Dabei hatte er mitunter noch seine besonderen Gedanken. «Jeder Mensch," dachte er, «hat so eine Summe von Kraft mit auf die Welt bekommen, die für seine siebenzig Iährlein oder auch mehr ausreichen muß. Wenn ich also einen schweren Stuhl von einem Ort an den andern hebe, ist damit ein Stück von meiner Lebens- kraft aufgewendet oder verbraucht, drum lass ich's bleiben." Ans solche Gedanken kann ein Nichtsthuer kommen. Der Herr Adolph war aber dick und oft kränklich und mußte seinen Leib pflegen. Das war auch noch ein Geschäft. — Das Jahr durch ging ihm mancb schön Stück Geld durch die Hand, und dabei hatte er die besondere Liebhaberei, daß er bei jeder Goldmünze, die er ausgab, ein kleines, zierliches Kreuz unter die Nase des geprägten Herrschers machte. «Ich will nur einmal sehen," dachte er, «ob nach langer Umherwanderung

8. Vaterländisches Lesebuch - S. 39

1857 - Jena : Mauke
39 macht die allmächtige Weisheit immer wieder zurecht, was Träg- heit und Dummheit verdorben hat, und sendet der sündigen Mensch- heit Erlösung. 43. Wo die Noth am größten, da ist Gott am nächsten. Das Handelshaus Gruit van Steen war im Anfange des stebenzehnten Jahrhunderts eines der angesehensten und reichsten in Hamburg. Aber der verheerende dreißigjährige Krieg machte seine traurigen Folgen zuletzt auch ihm fühlbar und zwar um so mehr, je ausgebreiteter die Geschäfte des Hauses früher gewesen waren. Städte und Dörfer waren zu Hunderten verheert und verlassen,, und bei der Unsicherheit der Straßen war es kein Wun- der, daß. der Handel stockte und vorzüglich der Absatz in das In- nere von Deutschland gering war. Ein Kaufmann nach dem an- dern wurde unfähig, zu zahlen, und zog auch jenes Handelshaus in seinen Verlust mit hinein. Dagegen wagte das große Seeschiff, welches als sein Eigenthum an der Mündung der Elbe lag, des Krieges wegen, nicht auöznlaufen, und die gangbarsten Waaren mußten von den Holländern zu außerordentlich hohen Preisen ans der zweiten Hand erkauft werden. Hermann Gruit, der Besitzer der Handlung, saß mit dem alten Jansen, einem erfahrenen Die ner des Hauses, nrn's Jahr 1938 in der Schreibstube und vcr glich mit ihm die großen Bücher. „So thut cs nicht länger gut," sagte dieser endlich, „wir müssen cs anders anfangen. Ueberlaßt mir auf ein Jahr das Schiff und so viel Geld und Nürnberger Waaren, als möglich, und laßt mich damit selbst nach der neuen Welt (Amerika) segeln. Ihr wisset, ich bin in jüngern Jahren schon zweimal dort gewesen und verstehe das Geschäft; mit Gott wird es mir gelingen." Die beiden Männer berathschlagten mit einander über diesen Einfall, und nachdem sie die mögliche Gefahr und den möglichen Vortheil aus das beste erwogen hatten, kamen sie dahin überein, daß Jansen reisen solle. Vier Wochen später schritt Herr van Steen in seinem Rathshcrrngewande, den alten Buchhalter neben sich, dem Hafen zu, wo eine große Menschenmenge der Abfahrt des stattlichen Schisses harrte. Einige Handelsfreunde traten grü ßend auf sie zu und äußerten bedenklich, sie wünschten, Herr Her- mann möchte bei dieser Ausrüstung nicht zu viel gewagt haben. Aber Jansen antwortete: „Lasset es euch nicht anfechten, ihr Herren; ich hoffe fest, wir sehen uns gesund und freudig wieder,

9. Vaterländisches Lesebuch - S. 41

1857 - Jena : Mauke
41 wurde unter Siegel gelegt^ und dem armen Gruit nebst seiner Familie blieb nur das kleine Stübchen, wo sonst der Hausknecht geschlafen, links am Haupteingange des Hauses. Die Versteige- rung begann; sie geschah in dem geräumigen Schreibzimmer, jenem Stübchen gegenüber; man konnte hier die laute Stimme des Aus- rufers deutlich hören. Mit jedem Niederfallen deö Hammers fuhr es dem Herrn Hermann wie ein Schwert durchs Herz. Er saß tiefsinnig am Fenster und starrte das Schild seines Nachbars, des Wirths zum Westindienfahrer, an. Die Frau saß in der Tiefe der Stube mit rothgeweinten Augen. Die Knaben aber spielten mit dem großen Hunde.. Da trat der Rathsdiener herein und sagte mitleidig: .»Herr Senator, den Lehnsessel soll ich holen." Herr Hermann seufzte und Thränen traten in seine Angen. In diesem, mit grünem Sammet beschlagenen Lehnsessel war sein se- liger Vater sanft entschlafen, und er war darum als ein Heilig- thnm im Hanse gehalten. Doch er wurde nun herausgetragen, und die ganze Familie folgte ihm nach, als könnte sie sich nicht von ihm trennen. Der Versteigerer rief: „Ein noch guter Lehn- sessel, mit Sammet beschlagen!" — und eine lange Panse folgte, weil sich alle Blicke nach den jammernden Hausbewohnern wandten. Endlich bot Jemand darauf mit vier Mark an und derauctiona- tor ries mißmuthigj-: „Also vier Mark zum Ersten!" In diesem Augenblicke rief eine starke Baßstimme zum offenen Fenster hinein: „Vierhundert Mark zum Ersten!" Alles staunte; der Hund drängte sich gewaltsam und freudig bellend vor das Haus. Jetzt trat ein Miaun in Schiffertracht ins Zimmer und rief nachdrücklich, indem er mit seinem spanischen Rohre ans den Tisch schlug: „Vierhundert Mark zum andern, zum dritte» und letzten Mal!" „Gott, unser Jansen!" rief Herr Hermann — und fiel ihm um den Hals. Der aber fuhr fort: „Ja, ich bin's, und unser Schiff liegt voll Gold und Waaren im Hafen. Die Auction ist jetzt ans! Fort jetzt, ihr Alle, morgen kommt auf's Rathhaus, da soll Alles sammt den Interessen bezahlt werden; denn wissen sollt ihr, unser Herr Gott lebt noch, und das Hans Hermann Gruit van Steen steht noch! — Und nun erst seid freudig gegrüßt in der Heimath, mein Herr Hermann und Frau Elisabeth , von eurem alten Jansen!" Psalm 37. 5. Befiehl dem Herrn deine Wege und hoff auf ihn; er wird's wohl machen.

10. Vaterländisches Lesebuch - S. 50

1857 - Jena : Mauke
50 es war schlechterdings unmöglich, ihm zu entkommen. Mechanisch legte ich mich platt in dem Schlitten nieder und ließ mein Pferd zu unserm beiderseitigen Besten ganz allein machen. Was ich zwar vermuthete, aber kaum zu hoffen und zu erwarten wagte, das geschah gleich nachher. Der Wolf bekümmerte sich nicht im min- desten um meine Wenigkeit, sondern sprang über mich hinweg, fiel wüthend auf das Pferd, riß ab und verschlang auf einmal einen großen Theil des armen Thieres, welches vor Schrecken und Schmerz nur desto schneller lief. Wie ich nun auf die Art selbst so unbemerkt und gut davongekommen war, so erhob ich ganz verstohlen mein Gesicht und nahm mit Entsetzen wahr, daß der Wolf sich beinahe über und über in das Pferd hineingefressen hatte. Kaum aber hatte er sich so hübsch hinein gezwängt, so nahm ich meine Zeit wahr und fiel ihm tüchtig mit meiner Peitsche auf das Fell. Solch ein unerwarteter Ueberfall in diesem Futte- ral verursachte ihm keinen geringen Schreck; er strebte mit aller Macht vorwärts; der Leichnam des Pferdes siel zu Boden, und siehe! an seiner Statt steckte mein Wolf in dem Geschirre. Ich meines Orts hörte nun noch weniger auf zu peitschen, und wir langten in vollem Galopp, gesund und wohlbehalten in St. Peters- burg an, ganz gegen unsere beiderseitigen Erwartungen und zu nicht geringem Erstaunen aller Zuschauer. So. Das Schlaraffenland. Das Königreich Schlaraffenland Ist faulen Leuten wohl bekannt; Der Eingang aber ist gar schwer; Denn um die ganze Gegend her Liegt ein Gebirg von Hirsebrei, Breit wohl zwei Meilen oder drei. - Wer einziehn will, muß sich vermessen, Durch dies Gebirg sich durch zu essen. Hat er dazu Kraft und Geschick, So ist er drin im Augenblick. Die Dächer sind von Znckerfladen, Und Honigkuchen Thür und Laden, Speckkuchen aber Diet' und Wände. Um jedes Haus zieht man behende Rings einen hohen, schönen Zaun Bon Leberwürsten, sett und braun. Voll Sekt sind alle Bäch und Flüsse, Und wenn es schloßt, schloßt'« Pfeffernüsse. Auf Tannen, Fichten, Birken, Eichen
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